Die Bahnhofsmission ist eine kirchlich getragene Einrichtung an mehr als 100 Bahnhöfen in Deutschland. Es gibt sie seit nunmehr 125 Jahren. Jeder, unabhängig von Alter, Herkunft oder Religion, kann hier eine Pause machen, einen Kaffee bekommen, sich unterhalten, Schutz finden oder einfach nur durchatmen. Wohnungslose auf der Suche nach einer Unterkunft, Menschen mit Beeinträchtigungen, psychischen und/oder suchtbezogenen Problemen, einsame und ältere Menschen, in prekären Verhältnissen Lebende, Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund kommen hier her, um kostenlos und unbürokratisch Hilfe zu finden. Die meisten der Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig.
Im Hauptbahnhof Hildesheim findet man die Bahnhofsmission zwischen Gleis 2 und 3. Man braucht Hilfe beim Umsteigen? Kein Problem. Ob allein reisende Minderjährige, Senioren, Geh- oder Sehbehinderte – die freundlichen Mitarbeiter der Bahnhofsmission bringen Hilfesuchende in den richtigen Zug. So ist es auch schon passiert, dass eine Kollegin unfreiwillig mit nach Göttingen fahren musste, weil die Zugtür schloss, bevor sie wieder aus dem Zug kommen konnte. Zwar sind alle angehalten, die Züge nicht zu betreten, um genau diese Situation zu vermeiden, aber Hilfesituationen laufen eben nicht unbedingt nach Plan ab.
Neben den engagierten menschlichen Mitarbeitern gibt es noch Sammy, Labradoodle, 8 Jahre alt, ehrenamtlicher Assistenzhund der Bahnhofsmission Hildesheim. Sein Frauchen Jennifer bringt ihn mit. So etwas wie einen offiziellen Bahnhofsmissionshund gibt es nicht. Er ist ein Unikat und genießt hier in Hildesheim so etwas wie einen Promi-Status. So kommt er zur „Arbeit“ ganz kostenlos mit dem Bus, denn die SVHi (Stadtverkehr Hildesheim GmbH & Co. KG) spendiert ihm in Anerkennung seiner gemeinnützigen Dienste eine Jahreskarte.
Er ist da, wenn er gebraucht wird und hält sich im Hintergrund, wenn jemand keinen Kontakt möchte. So manch Hilfesuchender findet durch ihn einen Berührungspunkt zur Außenwelt und wird aufgeschlossener, erzählt vielleicht nur ihm von seinen Nöten und redet sich etwas von der Seele. Sammy hört zu, auch wenn er die Geschichte bereits Dutzende Male gehört haben sollte.
Wie an einem Bahnhof üblich, herrschen ein Kommen und Gehen. Es gibt die Durchreisenden und diejenigen, die hier ein kleines Zuhause für ein paar Stunden am Tag finden.
Eine Reisende hat einen längeren Aufenthalt zu überbrücken und lässt sich im Aufenthaltsraum nieder, um Kaffee zu trinken und die Zeit mit Lesen zu verbringen.
Ein verzweifeltes Schulkind muss zuhause anrufen, um die Eltern zu bitten, es vom Bahnhof abzuholen. Der Akku des Handys war leer. Die Bahnhofsmission hilft.
Ein junger Moslem, der in der Bahnhofshalle Abonnements einer großen deutschen Tageszeitung anbietet, findet im Ruheraum der Bahnhofsmission die Möglichkeit für seine Gebetspausen.
Da ist die ältere Dame, die nach dem Kaffeekranz mit ihren Freundinnen seit Jahren immer ein wenig Zeit hier verbringt. Sie hat wieder ein Paket Kaffee als Spende mitgebracht.
Andreas ist fast jeden Tag hier. Er erzählt viel von Reisen und Berühmtheiten und kennt scheinbar alle Geburts- und Todestage unzähliger Schauspieler und Musiker. Die Zahlen und Informationen rattern nur so aus ihm heraus. Die Anwesenden sprechen ihm ihre Bewunderung für sein Gedächtnis aus.
Es wird „Vier Gewinnt“ gespielt, Kaffee getrunken, sich aufgewärmt, gelesen, sich unterhalten, Pause gemacht, Kontakte gepflegt.
Sammy geht von Mensch zu Mensch, schaut, wer Kontakt zu ihm aufnimmt. Von dem ein oder anderen gibt es ein Leckerlie – immer natürlich das von Frauchen mitgebrachte Futter aus dem Futterbeutel, den er stolz von einem zum nächsten trägt.
Auf dem Bahnhofsvorplatz, auf den Bahnsteigen oder in der Bahnhofsvorhalle sorgt Sammy immer für interessierte Blicke. Mit seinem Geschirr, das im Blau der Bahnhofsmission gehalten ist und deren Abzeichen trägt, fällt er auf und sorgt für Gesprächsstoff.
Brav trägt er dabei auch mal seine Tasche. „Schaut her, meine Zähne nutze ich für’s Tragen“.
Die Mitarbeiter der Bahnhofsmission gehen freundlich auf Menschen am Bahnhof zu und bieten individuelle Unterstützung an, wenn notwendig. Mit Sammy als Begleitung kann es leichter sein, die erste Kontakthemmung zu überwinden. Es wird einfühlsam das jeweilige Anliegen ermittelt und bei Bedarf an passende Fachstellen weiterzuvermittelt, beispielsweise an die Beratungsstellen des Diakonischen Werkes, die ambulante Wohnungslosenhilfe, die Tafeln, Kleiderkammer, aber auch den sozialpsychiatrischen Dienst oder eine psychiatrische Klinik.
Nicht immer ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Dass Sammy anzeigen kann, wenn jemand unter Drogen- oder Alkoholeinfluss steht, ist für die Mitarbeiter eine große Hilfe. Dennoch kann es zu Vorfällen kommen, in denen der Einsatz der Polizei notwendig ist. Auch beim größten Tumult, bei Erste-Hilfe-Einsätzen, wenn der ICE gleich nebenan durch den Bahnhof zischt oder der Krankenwagen mit Tatütata andonnert – Sammy bleibt cool.
Dabei hatte er nicht unbedingt den besten Start ins Leben. Gesundheitlich beeinträchtigt war er in jungen Jahren ein „Sorgenkind“. Liebevoll hat ihn seine Familie als Familienmitglied aufgepäppelt.
Zu Anfang waren einige Mitarbeiter skeptisch. „Ein Hund hier? Was soll das bringen?“. Einige hatten Angst vor so einem großen Tier. Seine zurückhaltende, ruhige Art ließ jedoch auch das Herz der größten Skeptiker erweichen. Er ist so etwas wie das Maskottchen des Betriebs. Vieles macht er leichter, ganz ohne eine Gegenleistung zu verlangen.
Sammy, ein Hund im Dienste des Menschen.
Ein großer Dank geht an die Menschen der Bahnhofsmissionen in Deutschland für ihren unermüdlichen Einsatz, diese Welt ein kleines bisschen besser zu machen.
Die Bahnhofsmission freut sich sehr über Spenden für ihre Arbeit.
Link zur Website Bahnhofsmission Hildesheim: https://www.diakonie-hildesheim.de/bahnhofsmission